Long Covid - Wenn was bleibt
Immer mehr Menschen berichten, dass sie nach einer Covid-19-Erkrankung nicht mehr richtig auf die Beine kommen. Was dahinter steckt und was dagegen hilft.
Auch wenn zum Glück viele Erkrankte glimpflich davon kommen: Die Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 zu überstehen, ist nicht die einzige Herausforderung. Denn Genesene leiden häufig noch lange an Folgen, die das Leben extrem einschränken können. Die Fachwelt fasst die Symptome unter dem Begriff Long Covid zusammen.
Sorge bereitet auch, dass diese Diagnose viele Menschen trifft, vermutlich bis zu 80 Prozent der Patienten und Patientinnen. Inzwischen zeigt sich: Selbst Menschen, die kaum etwas von der Infektion mit dem Virus bemerkt haben, darunter auch junge und fitte Personen sowie Kinder, können Long Covid bekommen. Weitere Faktoren, die dieses Leiden begünstigen, sind hohes Alter, starkes Übergewicht sowie Vorerkrankungen der Lunge und des Herzens.
Von Fall zu Fall verschieden
Am häufigsten klagen Betroffene über Müdigkeit, Erschöpfung oder Muskelschwäche, andere leiden unter mangelnder Belastbarkeit, Kopfschmerzen und Atemproblemen. Auch Geruchs- und Grschmacksstörungen, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, depressive Tendenzen, Schlaf- und Angststörungen werden häufig genannt. Auffällig dabei: Wie lange die Beeinträchtigungen in der Regel anhalten, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Manche Erkrankte sprechen von Tagen, andere von mehreren Wochen oder Monaten. In einigen Fällen sind Spontanheilungen zu beobachten, andere Beschwerden ziehen sich lange hin.
Hausarzt Bernd Balloff aus Legden in Nordrhein-Westfalen kennt das Problem aus der Praxis: „Covid-19 ist eine Multisystemerkrankung“, sagt er. „Durch den Angriff der Viren kann es zu komplexen entzündlichen Prozessen im ganzen Körper kommen.“ Davon ist vor allem die Lunge betroffen. Schädigungen sind ebenso im Gehirn, an den Nerven und in den Gefäßen sowie an verschiedenen Organen möglich. Vor allem Lungenschädigungen wie Fibrosen – das sind Verhärtungen und Vernarbungen des Lungengewebes – können langfristig die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität einschränken.
Impfen, Abstand halten, Hygieneregeln beachten
Es drängen sich also die wichtigen Fragen auf: Was bewahrt einen davor? Was hilft, wenn es einen erwischt hat? „Der wirksamste Schutz ist, eine Corona-Infektion möglichst zu vermeiden“, sagt Allgemeinmediziner Balloff. Deshalb gilt als erste Maßnahme: Den Impfschutz mit der Auffrischimpfung aktualisieren. Das Robert Koch-Institut empfiehlt den sogenannten Booster frühestens drei Monate nach der zweiten Impfung. Das gilt auch für Personen über 12 Jahre nach einer durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion. Wegen des höheren Risikos für einen schweren Verlauf von COVID-19 sollen ältere oder vorerkrankte Personen bei den Auffrischimpfungen bevorzugt berücksichtigt werden. Balloff rät: „Lassen Sie sich von Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin beraten, wann der beste Zeitpunkt dafür ist.“ Wer noch gar nicht geimpft ist, sollte dies schleunigst nachholen.
Außerdem gilt weiter: Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln beachten – auch wenn es auf Dauer noch so lästig erscheint.
Doch sich gut zu schützen ist wichtig. Denn für Long Covid gibt es noch keine ursächliche Behandlung. Die Therapie orientiert sich derzeit an den Symptomen. Das bedeutet, die Beschwerden müssen im Einzelfall mit dem Arzt abgeklärt werden. Gut hierbei: Ob Kopfschmerzen oder Muskelschwäche, einige der Symptome lassen sich gut lindern – bis die Folgen hoffentlich schließlich ganz abklingen. Hilfe finden Betroffene in einigen Städten bei Ambulanzen, die sich auf Long Covid spezialisiert haben. Gültigkeit hat auf jeden Fall der Tipp von Hausarzt Balloff, den er seinen Patient: innen immer mit nach Hause gibt: „Schonen Sie sich auch in der Zeit nach der Krankheit.“
Hilfe für die Zeit danach
Aktuelle Informationen und Adressen von Selbsthilfegruppen finden Sie unter www.longcoviddeutschland.org Strategien, die die Genesung fördern, bietet auch die Deutsche Hirnstiftung. Gehen Sie ins Netz unter www.hirnstiftung.org/2021/05/corona.
Bildquelle: GettyImages DjelicS